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    Die Nacht der Entscheidung

    Im Vertrauen auf Gottes Beistand die Angst überwinden

    von Paul Geiß

    © iStock / Pablo_KDie richtige Entscheidung treffen - auf dem Weg in den Operationssaal

    Jesus im Garten Gethsemane – eine Passionsgeschichte. Sein inneres Zittern und Zagen in der Nacht vor seiner Gefangennahme, ehrlich vor Gott und mit sich selbst, das kann ich nachempfinden. Nach dem Abendmahl gehen Jünger mit Jesus in den Garten nahe am Ölberg. Sie sind einfach müde. Jesus glaubt zu wissen, was ihm bevorsteht, er beginnt zu weinen und zu klagen, ringt die Hände und hat Angst. Die Jünger schlafen sanft und selig – Jesus fühlt sich allein und verlassen.

    Solche Entscheidungsnächte kenne ich. Eine Schilddrüsenoperation steht an. Kalte Knoten. Sie müssen entfernt werden. Der Arzt besucht mich am Abend zuvor. Ich habe Angst, die Operation könnte auch meine Stimmbänder erwischen. In der Gemeinde habe ich Menschen erlebt, die nach so einer Operation monatelang kaum sprechen konnten. Ich brauche meine Stimme, ich halte so gerne Gottesdienste und singe im Chor. Der Arzt beruhigt mich.

    Aber dann kommt die Nacht. Ich kann nicht schlafen und wälze mich unruhig hin und her. Soll ich mich wirklich dem Risiko aussetzen?

    Der alte Mann neben mir hat eine Leistenoperation hinter sich und noch Schmerzen. Er kann auch nicht schlafen und beginnt mit mir zu sprechen. Er wundert sich ein bisschen über mich, weil ich doch Pfarrer bin. Dann tröstet er mich aus seinen Erfahrungen heraus – und ich kann einschlafen mit dem Gedanken: »Herr, auf Dich traue ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden.« (Psalm 31,2)

    Die Operation ist gut verlafen. Ein paar Tage lag ich noch zusammen mit dem alten Mann im Zimmer, wir unterhielten uns gern miteinander. Wir haben Adressen ausgetauscht und uns eine Zeit lang geschrieben. Ich habe noch oft an ihn gedacht, wir haben uns in unserer Angst und in unseren Schmerzen gut verstanden.

    Jesus kommt nach seinem Kampf in der Nacht vor der Gefangennahme mit seiner Angst zu den schlafenden Jüngern und murrt: Könnt Ihr nicht eine Stunde mit mir wachen? Wieder geht er zurück, ringt die Hände und der Schweiß rinnt ihm von der Stirn wie Blutstropfen, schreibt der Evangelist Lukas. Schließlich kann er sich überwinden und betet: Herr, nicht mein Wille geschehe, sondern Deiner.

    Mehrfach versucht er, die Jünger wach zu bekommen, damit sie ihm in seiner Angst beistehen. Aber sie schlafen. Und dann heißt es im Lukas-Evangelium: Es erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Schon kommen die Soldaten in den Garten, die ihn gefangen nehmen.

    Und ich denke getröstet: Manchmal kann in einer schlaflosen Nacht vor einem bedrohlichen Tag auch ein alter Mann zum Engel werden. Ich habe wieder gelernt, in meiner Angst mein Schicksal Gott anzuvertrauen.

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